Windows Programme unter Linux mit Wine 9.0?

Linux ist nicht gleich Windows. Das hat inzwischen wahrscheinlich jeder mitbekommen. Windows-Programme laufen nicht unter Linux, man ist auf das angewiesen, was die Linux-Distribution zur Verfügung stellt. Vor allem spezielle Anwendungen fehlen unter Linux. Adobe Photoshop, Microsoft Office und diverse Buchhaltungs- und Steuerberatungs-Anwendungen laufen nicht unter Linux. Wer darauf angewiesen ist, installiert Windows neben Linux auf dem PC und bootet Windows, wenn es nötig ist. Ein Artikel auf pcwelt. de behauptet nun, dass sich mit Wine 9.0 Windows-Anwendungen in der Regel problemlos mit Wine 9.0 unter Linux nutzen lassen.

Ja. Mit Wine kann man Windows-Programme unter Linux starten. In der Unterüberschrift des Artikels steht allerdings:

„Windows-Software unter Linux nutzen? Mit Wine 9.0 ist das in aller Regel kein Problem mehr. Wir zeigen Ihnen in dieser ausführlichen Anleitung, wie das funktioniert.“

Quelle: www. pcwelt. de/article/2210434/windows-programme-mit-wine-unter-linux-nutzen.html

Wine 9.0 mag zwar etliche Verbesserungen bieten, aber „in der Regel kein Problem mehr“ ist schlicht falsch. Die bisherigen Probleme bleiben. Einige ältere Anwendungen mögen mit Wine laufen, neuere eher nicht. Der im Artikel erwähnte Blick in die Anwendungsliste auf https://appdb.winehq.org/index.php offenbart das auch. Mit „Platinum“-Status wird hier neben einigen Spielen nur Microsoft Word 2010 genannt, bei „Gold“ Adobe Photoshop CS6.

Wer je mit Wine gearbeitet hat weiß, dass (komplexere) Windows-Software damit vielleicht läuft, aber selten stabil und ohne Fehler bei etlichen Funktionen. Die eine oder andere ältere Shareware oder Freeware mag man damit zur Zusammenarbeit überreden. Meist sind aber auch hier spezielle Anpassungen für Wine beziehungsweise zusätzliche Original-Windows-Bibliotheken erforderlich. Wer viel Zeit und eine hohe Frustrationstolleranz mitbringt, kann es ausprobieren. Das ist durchaus wohlwollend gemeint. Denn der von Wine verfolgte Ansatz ist sehr lobenswert.

Wine 9.0 installieren

Weiter geht es im Artikel mit der Installation von Wine 9.0. Die Beschreibung ist ungenau und irreführend. Für den Download wird ein Link auf https://gitlab.winehq.org/wine/wine/-/releases/wine-9.1 angeboten. Auf der Gitlab-Seite erhält man aber nur den Quellcode, den man selbst kompilieren muss. Das ist – sagen wir einmal – etwa herausfordernd für den durchschnittlichen Linux-Nutzer. „[…] oder aber Sie nehmen die Installation direkt über das jeweilige Paketmanagement der von Ihnen bevorzugten Linux-Distribution vor.“ heißt es weiter. Bis Wine 9.0 allerdings in der Paketverwaltung von LTS-Versionen wie Ubuntu oder Linux Mint angekommen ist, wird es einige Zeit dauern.

Für die meisten Nutzer hätte ein Verweis auf die Seite Ubuntu WineHQ Repository weitergeführt. Hier wird beschrieben, wie man das Wine-Repository in Ubuntu einbindet und darüber auch aktuelle Wine-Versionen installieren kann.

Hilfe bei der Wine-Konfiguration

Dass es nicht so einfach ist, mit Wine Windows-Anwendungen zum laufen zu bringen, merkt der Autor dann selbst. Deshalb werden Bottles und PlayOnLinux als Hilfe bei der Installation vorgeschlagen. Dazu muss man wissen, das PlayOnLinux stets eine eigene Wine-Version einrichtet, mit der die gewählte Anwendung möglicherweise läuft. Von einer vorherigen Wine-9.0-Installation hat man also nichts. Manche Anwendungen laufen mit einer älteren Wine-Version besser, als mit einer neueren. Zudem wurde PlayOnLinux schon längere Zeit kaum noch aktualisiert und funktioniert unter neueren Distributionen oft nicht wie erwartet. Bottles ist dagegen einigermaßen aktuell, bei meinen Tests konnte mich das Tool aber auch nicht überzeugen.

„Nachdem Sie Wine, Wine Tricks (optional) und PlayOnLinux installiert haben, ist die Installation und Nutzung von Windows-Software unter Linux ein Kinderspiel. Immer vorausgesetzt, die gewünschte Software und deren Bibliotheken werden bereits entsprechend von Wine unterstützt.“

Quelle: www. pcwelt. de/article/2210434/windows-programme-mit-wine-unter-linux-nutzen.html

Kinderspiel. Gut zu wissen. Wenn die Software denn unterstützt wird. Und das wird aktuelle Software in der Regel nicht.

Bessere Alternative zu Wine

Wer auf Dualboot mit Windows verzichten und trotzdem ernsthaft Windows-Anwendungen nutzen möchte, kommt um Virtualisierung kaum herum. Das Artikel nennt Virtualbox auch am Anfang, mit dem richtigen Hinweise, dass für das virtualisierte Windows ein kostenpflichtiger Produktschlüssel beziehungsweise eine Lizenz erforderlich ist. Außerdem benötigen Virtualbox und andere Virtualisierungssoftware eine einigermaßen aktuelle CPU und ausreichend RAM. Die meisten PCs sollten diese Anforderungen jedoch erfüllen. Wer Windows nur kurze Zeit ausprobieren möchte, etwa mit einer Software für die Steuererklärung, kann das Microsoft-System auch einige Zeit lang ohne Produktschlüssel und Aktivierung verwenden. Aufgrund der geringeren Grafikleistung ist Virtualbox allerdings für die meisten Spiele nicht geeignet.

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